Kann sich CBD als lebensrettender Verbündeter im Kampf gegen COVID-19 herausstellen? Schauen wir uns an was die Wissenschaft über die Rolle von Cannabinoiden und Cannabidiol (CBD), einem aktiven Bestandteil der Cannabispflanze, zu sagen hat. Könnten diese Bestandteile wirksam sein und schlussendlich zu Therapien führen?
COVID-19
Wahrscheinlich hat schon jeder von dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 – auch bekannt als COVID-19 – gehört, das die Welt zum Stillstand gebracht und weltweit Millionen infiziert hat. Obwohl man gemeinhin den Virus SARS-CoV-2 nennt und die daraus resultierende Krankheit COVID-19, werden wir hier der Leserlichkeit wegen beide als COVID-19 bezeichnen.
COVID-19 ist ein positives Einzelstrang-RNA-Virus aus der Familie der Coronaviren und gehört damit zur selben Virusfamilie wie die SARS (2003) und MERS (2012) verursachenden Erreger. Wie auch diese ist COVID-19 eine Atemwegserkrankung „zoonotischen“ Ursprungs, d.h. ein Virus, das aus einem Tierreservoir stammt, in diesem Fall wahrscheinlich von Fledermäusen, in denen es die Fähigkeit erwarb auch Menschen zu infizieren. Völlige Gewissheit zum Ursprung von COVID-19 haben wir noch nicht. Neben Fledermäusen wurden auch Nerze und Schuppentiere als mögliches „Reservoir“ vorgeschlagen und es werden wohl weitere Untersuchungen nötig sein.
Häufige Symptome des Coronavirus sind unter anderem Husten, Atemnot, Fieber, Schüttelfrost, Muskelschmerzen, Atembeschwerden sowie Geschmacks- und Geruchsverlust. Die Schwere der Erkrankung variiert von asymptomatisch bis lebensbedrohend. Eine Reihe von Risikofaktoren beeinflusst den Verlauf, ganz besonders bedroht sind ältere Menschen und Personen mit zugrunde liegenden Grunderkrankungen wie Fettleibigkeit oder kardiovaskulären Komplikationen.
Die Angriffsstrategie des Virus
Wie genau funktioniert nun ein COVID-19 verursachendes Virus? Jedes Virus besitzt eine Proteinkapsel von der es umhüllt wird. Auf der äußeren Schicht der Proteinkapsel befindet sich das sogenannte Spike-Protein, das an ACE2-Rezeptoren bindet, welche sich auf der Außenfläche unserer eigenen Zellen befinden. Das ermöglicht es dem Virus in unsere Zellen einzudringen, diese in Geiselhaft zu nehmen und in kleine Fabriken zu verwandeln, die immer neue Viren produzieren.
Da der ACE2-Rezeptor vermehrt in den unteren Atemwegen anzufinden ist, kann das Virus tiefer in die Lungen und Bronchien eindringen als gewöhnliche Erkältungsviren. Infolgedessen kann COVID-19 eine Art Lungenentzündung auslösen, die deutlich heftiger verläuft als eine bloße Erkältung und häufig auch eine schwerwiegende Grippe übertrifft. Was COVID-19 einzigartig macht: darüber hinaus kann es neben den respiratorischen (Lungen) Symptomen auch zu systemisch Komplikationen wie z.B. Herzkreislaufversagen kommen, weil der ACE2 Rezeptor in vielen anderen Organen und Geweben abseits der Lunge gebildet wird.
Während einer COVID-19 Infektion, wird das Immunsystem eine Reihe von Mechanismen in Gang setzen, die der Bekämpfung der Virusinfektion dienen, einschließlich Rekrutierung verschiedenartiger weißer Blutkörperchen und der Produktion einer Vielzahl von Proteinen zur Bekämpfung der Krankheit. Unter diesen Proteinen befinden sich z. B. proinflammatorische Zytokine und immunmodulierende Proteine. Überraschenderweise ist diese Immunantwort nicht immer vorteilhaft.
Zytokinsturm
Genau diese Zytokine können schwerste, lebensbedrohliche Symptome verursachen. Als Teil der Reaktion auf die Infektion kann eine unkontrollierte und übermäßige Freisetzung dieser proinflammatorischen Zytokine zu einem sogenannten Zytokinsturm führen. Die durch einen Zytokinsturm verursachte übermäßige Entzündungsreaktion kann zu Gewebeschäden und in Folge dieser zu Organversagen und zum Tod führen.
Schwerwiegendere Fälle von COVID-19 können zu einem akuten Atemnotsyndrom („acute respiratory distress syndrome“; ARDS) führen, einer Art von Atemversagen gekennzeichnet durch das rasche Auftreten einer Entzündungsreaktion in der Lunge.
Man glaubt schon länger eine übermäßige Produktion von Zytokinen würde die Entstehung von ARDS fördern. In der Tat bringen mehrere Studien, in denen Zytokinprofile von COVID-19-Patienten gemessen wurden, diese mit schwerem Infektionsverlauf einschließlich Lungenschäden, Organversagen und Tod in Verbindung.
„COVID-19 ist eine sich schnell ausbreitende globale Bedrohung, die von der WHO als Pandemie deklariert wurde. COVID-19 wird durch Tröpfchen oder direkten Kontakt übertragen und infiziert die Atemwege, was in den meisten Fällen zu einer Lungenentzündung und in etwa 15% der Fälle zu einem akuten Atemnotsyndrom (ARDS) führt. Die Mortalität bei COVID-19-Patienten wurde mit dem …durch das Virus induzierten sogenannten „Zytokinsturms“ in Verbindung gebracht. Eine übermäßige Produktion von proinflammatorischen Zytokinen führt zu einer ARDS-Verschlimmerung und einer extensiven Gewebeschädigung, die zum Versagen mehrerer Organe und zum Tod führt. Das Targeting von Zytokinen während der Behandlung von COVID-19-Patienten könnte die Überlebensraten verbessern und die Mortalität senken. ”(aus dem Englischen; Ragab et al., 2020)
Kann CBD COVID lindern?
Zahlreiche Studien haben die entzündungshemmende Wirkung von CBD und CBD-Ölen wie EPIDYOLEX gezeigt, insbesondere bei chronischen Entzündungen. Auch muss man unterstreichen, dass die Europäischen Arzneimittel-Agentur CBD-Öle bereits für die Therapie bestimmter Erkrankungen, wie schwer zu behandelnder Epilepsie, zugelassen hat wo es zu einer Verringerung der Anfälle führt. CBD ist also relativ sicher.
Mehrere Studien haben zudem gezeigt, dass CBD die Zytokinspiegel reduzieren kann, wodurch Zytokinstürme gedämpft werden.
“Klinische Berichte weisen darauf hin, dass der mit dem akuten Atemnotsyndrom (ARDS) verbundene Zytokinsturm in schweren Fällen einiger respiratorischer Virusinfektionen, einschließlich COVID-19, die häufigste Todesursache ist. In den letzten Jahren wurden Cannabinoide aufgrund ihrer möglichen Auswirkungen auf den menschlichen Körper eingehend untersucht. Unter allen Cannabinoiden hat Cannabidiol (CBD) starke entzündungshemmende Wirkungen bei einer Vielzahl von pathologischen Zuständen gezeigt. Unsere Ergebnisse deuten auf eine mögliche Schutzfunktion für CBD während ARDS hin… Reduktion des Zytokinsturms, Schutz des Lungengewebes und Wiederherstellung der entzündlichen Homöostase.” (aus dem Englischen; Khodadadi et al. 2020)
Darüber hinaus haben Forscher gezeigt, dass CBD in einem Mausmodell die ARD-Symptomatik deutlich mindern konnte. Die ARDS-typischen entzündungsfördernden Zytokine waren nach CBD-Therapie verringert. Bei der Untersuchung der Lungen behandelter Mäuse zeigte sich außerdem eine völlige oder teilweise Reduktion der sonst so prominenten Hypertrophie, Schwellung und Narbenbildung.
Wenn es um die Bekämpfung von Zytokinstürmen geht, ist die CBD-Behandlung sicherlich eine vielversprechende Therapie bei COVID-19-Patienten mit einem erhöhten Zytokinprofil. Diese Patienten zeigen typischerweise schwerwiegendere Symptome und benötigen mit größerer Wahrscheinlichkeit Beatmungsgeräte, die einen wichtigen Engpass in der Akutversorgung darstellen. Es ist somit denkbar, dass CBD dazu beitragen könnte die Sterblichkeit durch COVID-19 und dessen Langzeitfolgen, wie z. B. Narbenbildung im Lungengewebe, zu mindern.
Ein Mechanismus, der die Wirkung von CBD erklären könnten, steht nun im Rampenlicht der Wissenschaft. Apelin ist ein Endocannabinoid und eng verknüpft mit diversen Signalwegen die durch CBD aktiviert werden. Endocannabinoide werden normalerweise durch Modifikation von Arachidonsäure gebildet und interagieren mit Cannabinoid-Rezeptoren, die auf unseren eigenen Zellen vorhanden sind. Es sind auch diese Endocannabinoide welche die Wirkung von von Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC), dem psychoaktiven Hauptbestandteil von Cannabis sativa, vermitteln.
Apelin spielt eine zentrale Rolle bei der Kontrolle von Blutdruck und Entzündungen. Es konnte gezeigt werden, dass Apelin in ARDS-Modellen reduziert ist, aber nach CBD-Behandlung um das 20-fache anstieg, was zusammen mit der Reduktion von proinflammatorischen Zytokinen wie IL-6 zur Blutdrucksenkung und Reduktion der Entzündung in der ARDS-geschädigten Lunge beiträgt. Schlussendlich folgt auch eine Verminderung anderer Symptome wie Atemschwierigkeiten.
“Wir zeigen zum ersten Mal, dass CBD die Symptome von ARDS durch Heraufregulierung von Apelin, einem Peptid, das eine wichtige Rolle bei der zentralen und peripheren Regulation von Immunität, ZNS, Stoffwechsel und Herz-Kreislauf-System spielt, lindern kann. Die Behandlung mit CBD konnte die Symptome von ARDS normalisieren. Wichtig ist festzustellen, dass die CBD-Behandlung die Apelin-Expression signifikant erhöhte, was darauf hindeutet, dass das apelinergischen System und CBD interagieren und ein therapeutische Ziel bei der Behandlung von entzündlichen Erkrankungen wie COVID-19 darstellen könnten” (aus dem Englischen; Salles et al. 2020)
Ist CBD die Zukunft der Coronavirustherapie?
Obwohl die bereits diskutierten CBD-Studien zur Behandlung von ARDS vielversprechend aussehen, muss CBD, bevor es als Therapie zugelassen wird, klinische Studien durchlaufen, um die Sicherheit und Wirksamkeit einer solchen Behandlung nachzuweisen. Die gute Nachricht ist, dass solche klinischen Studien zur Wirksamkeit von CBD bei der Behandlung von COVID-19 bereits im Gange sind.
Zum Beispiel untersuchen Studien die Wirksamkeit der CBD-Verabreichung bei COVID-19-Patienten mit zugrunde liegenden Herzkomplikationen, weil diese Patienten häufiger ins Krankenhaus eingewiesen werden und kaum wirksam behandelt werden können. Desweiteren wird auch eine klinische Studie durchgeführt, in der die möglichen Auswirkungen von CBD auf die Prognose leichter bis mittelschwerer COVID-19 Erkrankungen untersucht werden. So können wir also hoffen, dass CBD bald Einzug findet in unser Arsenal an Therapiemöglichkeiten gegen COVID-19 – und gegen anderer entzündliche Erkrankungen – um uns zu helfen diesen (Zytokin-) Sturm heil zu überstehen.
Zusammenfassung
Es gibt viele Gründe optimistisch zu bleiben. Nicht nur zeichnet sich ein baldiger Impfstoff gegen COVID-19 ab, sondern es mehren sich auch die Hinweise darauf, dass CBD ein kleiner Rettungsschirm im Kampf gegen COVID-19 sein könnte.
Trotzdem sollten wir weiterhin die Abstandsregeln befolgen und soziale Kontakte einschränken, da die Gesamtheit unserer Kontakte nach wie vor den größten Einfluss auf das Erkrankungsrisiko hat (d.h. unsere Kontakte + die Kontakte unserer Nächsten). Besonders in der Winter- und Weihnachtszeit wird es wichtig sein die Anzahl der Kontakte in engen Räumen zu verringern, damit COVID-19 nicht zum unerwünschten Gast bei der Weihnachtsfeier im kleinen Rahmen wird.
Also gesund bleiben und trotz allem die Adventzeit genießen!
Bibliography
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Salles, É., Khodadadi, H., Jarrahi, A., Ahluwalia, M., Paffaro, V., Costigliola, V., Yu, J., Hess, D., Dhandapani, K. and Baban, B., 2020. Cannabidiol (CBD) modulation of apelin in acute respiratory distress syndrome. Journal of Cellular and Molecular Medicine, 24(21), pp.12869-12872.
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